Aktivisten der Jugendgruppierung verteilten das Propagandamaterial in Form von Visitenkarten am Berufsbildungswerk Waiblingen, an der Kaufmännischen Schule Waiblingen und am Bildungszentrum Weinstadt, das insgesamt vier Schulen umfasst. Nach Angaben der NRJ soll die „Schulhofoffensive“ zudem in Backnang durchgeführt worden sein.
Auf der Vorderseite der Visitenkarte ist der Aufruf „‚Nationalrevolutionäre Jugend‘. Komm zur NRJ und sei ein Teil der Wende!“ zu lesen. Auf der Rückseite steht, warum sich die jungen Leute in der NRJ engagieren: „Uns treibt die Liebe zur Heimat und der Wille die Zukunft selbst zu gestalten. Jugend voran!“ Außerdem sind auf der Rückseite des Kärtchens Kontaktdaten angegeben. Junge Menschen werden so gezielt angesprochen und aufgefordert, auf die NRJ zuzugehen und sich ihr anzuschließen.

Selbstbewusstes Auftreten und Sichtbarkeit
Nach seiner Gründung Mitte Juni 2024 entfaltete der baden-württembergische „Stützpunkt“ der NRJ erheblichen Aktivismus. So veranstaltete er z. B. am 18. August 2024 einen „Aktionstag“ in Backnang. Nach der Verteilung von Flyern entrollten Aktivisten mitten im Stadtzentrum zwei Banner; eines mit dem Parteilogo, ein zweites mit der Aufschrift „Deutsche Jugend voran!“. Außerdem zündeten sie Rauchbomben. Am 6. September 2024 beteiligte sich die NRJ an der Gegenkundgebung zum Christopher Street Day (CSD) in Albstadt/Zollernalbkreis.
Im Jahr 2025 setzte der NRJ-Stützpunkt „Baden-Württemberg“ seine öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten fort. So verteilten Aktivisten mehrfach Flyer im Rahmen der 2024 begonnenen Kampagne „Unsere Heimat ist nicht ihr Wirtschaftsstandort!“[1], etwa im März 2025 in Markgröningen/Landkreis Ludwigsburg und in Tübingen. Beispielhaft für die Unternehmungen der baden-württembergischen NRJ steht zudem eine Kundgebung, mit der man sich im Juni 2025 in Bad Mergentheim gegen den dortigen CSD wandte. Mehr als 20 junge Aktivisten verteilten rund um einen Infostand Flugblätter und protestierten mit Transparent und Plakaten gegen eine angebliche „Homo-Propaganda“ und „für den Schutz der natürlichen Familie bestehend aus Vater, Mutter und Kindern“, wie es in einem Beitrag auf der Parteihomepage heißt. Teil der Kundgebung war auch eine Aktion, bei der die eigens auf den Boden geschriebenen Begriffe „LGBTQ“, „Gender“ und „Queer“ mit einer Regenbogenflagge weggewischt wurden, im eigenen Bericht wurde dies von der NRJ mit „Weg mit dem Dreck!“ überschrieben.
Hintergrund: Die Partei „Der III. Weg“ und ihre Jugendorganisation NRJ
„Der III. Weg“ ist eine neonazistische Kleinpartei, die mittlerweile in fast allen Bundesländern aktiv ist. In Baden-Württemberg gab es zwischen Ende 2017 und März 2022 keine offiziellen Strukturen. Am 26. März 2022 gründete „Der III. Weg“ seinen „Stützpunkt Württemberg“ wieder, der bereits von 2015 bis 2017 bestanden hatte. Am 2. November 2024 schuf „Der III. Weg“ mit dem „Stützpunkt Bodensee/Südbaden“ seinen zweiten „Stützpunkt“ im Land.
Der verfassungsfeindliche Charakter der Partei ist eindeutig. So wendet sich „Der III. Weg“ gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, indem er einen System- und Gesellschaftswechsel fordert. Die Partei plädiert beispielsweise in ihrem Programm für eine „völkische Gemeinschaft“ aus deutschen Familien. Um diese zu erreichen, möchte „Der III. Weg“ u. a. sein 2024 veröffentlichtes „Programm zur Ausländerrückführung“ umsetzen. Dieser Programmatik folgt auch die baden-württembergische NRJ, wenn sie auf dem jüngst verteilten Propagandamaterial eine „Wende“ fordert.
Die Gründung des NRJ-Stützpunkts „Baden-Württemberg“ fällt mit dem Aufschwung rechtsextremistischer Jugendgruppierungen zusammen, den das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg seit 2024 beobachtet. Der Rechtsextremismus übt eine zunehmende Attraktivität auf junge Menschen aus. Die von rechtsextremistischen Akteuren gesetzten Themen, ihre Kommunikationsstrategien und Aktionsformen greifen fruchtbar ineinander und führen erfolgreich zur Anwerbung von Jugendlichen. Genau die war auch das Ziel der „Schulhofoffensive“ der NRJ im Rems-Murr-Kreis.
Fußnote
[1] Zu dieser Kampagne vgl. Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg: „‚Unsere Heimat ist nicht ihr Wirtschaftsstandort!‘ – Landesweite Kampagne des ‚III. Weges‘“, Homepage-Beitrag vom 08.01.2025, online verfügbar unter: https://www.verfassungsschutz-bw.de/,Lde/Startseite/Meldungen+und+Archiv/Kampagne+des+_III_+Weges_?QUERYSTRING=wirtschaftsstandort, abgerufen am 23.07.2025. [zurück]