Zum Inhalt springen

Linksextremismus

Die Bundestagswahl 2025: Linksextremisten führen vermehrt Störaktionen durch und nehmen dabei auch bürgerliche Parteien ins Visier

Im Bundestagswahlkampf 2025 traten linksextremistische Gruppen aus dem gewaltorientierten Spektrum Baden-Württembergs mit zahlreichen Störaktionen in Erscheinung. Viele der Aktionen waren dabei in eigens initiierte Kampagnen eingebettet. Deutlicher als noch in vergangenen Wahlkampfphasen traf der Protest nicht nur die „Alternative für Deutschland“ (AfD), sondern ebenso bürgerliche Parteien, etwa die „Christlich Demokratische Union“ (CDU). Körperliche Angriffe von Linksextremisten auf politische Kontrahenten blieben aber weitestgehend aus.

Linksextremisten nutzen Wahlkampfphasen, um gezielt gegen politische Kontrahenten zu protestieren. Sie konzentrieren sich in den meisten Fällen auf Veranstaltungen und Vertreter der AfD, so auch während des vergangenen Bundestagswahlkampfes. In vielen Städten Baden-Württembergs kam es beispielsweise zu Störaktionen an AfD-Infoständen, darunter in Karlsruhe, Marbach/Kreis Ludwigsburg und Stuttgart. In einigen Fällen griff die Polizei mit einfacher körperlicher Gewalt ein, etwa am 8. Februar 2025 in Heidelberg. Hier näherten sich linksextremistische Aktivisten einem AfD-Infostand. Dabei kam es durch die Lautstärke eines Megafons bei drei Polizeibeamten zu Hörschädigungen. Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich am 15. Februar 2025 in Kornwestheim/Kreis Ludwigsburg. Hier weigerten sich Linksextremisten, die ihnen zugewiesene Versammlungsörtlichkeit zu nutzen. Es wurde ein Platzverweis ausgesprochen. Im Anschluss berichteten die „Antifaschistische Vernetzung Ludwigsburg“ (AVLB) und das „Offene Antifaschistische Treffen Rems-Murr“ (OAT RM) von der Aktion.

Darüber hinaus beteiligte sich die linksextremistische Szene vielfach an Protesten gegen AfD-Veranstaltungen, etwa in Balingen, Karlsruhe-Durlach, Mannheim-Rheinau, Reutlingen, Rheinfelden/Kreis Lörrach, Ulm und Villingen/Schwarzwald-Baar-Kreis. Diese verliefen störungsfrei - bis auf wenige Ausnahmen: In Freiburg-Zähringen versammelten sich am 10. Februar 2025 bis zu 10.000 Personen aus Protest gegen eine AfD-Wahlkampfveranstaltung, darunter auch Aktivisten von „Gemeinsam kämpfen – Kommunistische Gruppe Freiburg“ (GKKG). Im Laufe der Versammlung kam es unter anderem zu vier Anzeigen wegen Körperverletzung und einem tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte.

Anders als in vergangenen Wahlkampfphasen war eine deutliche Verschiebung der Protestaktionen in Richtung bürgerlicher Parteien zu beobachten: Dies betraf nach deren Bundestagsinitiative für eine verschärfte Migrationspolitik insbesondere die CDU. In Freiburg, Ludwigsburg, Mannheim und Villingen-Schwenningen wurden beispielsweise linksextremistisch motivierte Sachbeschädigungen an CDU-Parteibüros verübt. Die Kritik beschränkte sich aber nicht nur auf die CDU. So kommentierte etwa das „Offene Antifaschistische Treffen Pforzheim“ (OAT PF) auf Instagram am 5. Februar 2025 ein Banner mit der Aufschrift „Kampf der AfD“ mit den Worten: „dem können wir nur zustimmen! Es sollte natürlich noch „Kampf der CDU, Grünen &allen anderen Rassisten“ drauf stehen [sic!]“. Die „Antifaschistische Initiative Heidelberg“ (AIHD) berichtete am 18. Februar 2025 von einer Teilnahme an Protesten „gegen die AfD und ihre Steigbügelhalter*innen von CDU und FDP“.

Linksextremistische Wahlkampfkampagnen

Viele der Aktionen waren strategisch in eigens initiierte Kampagnen zur Bundestagswahl eingebettet. In Pforzheim bewarb das dortige OAT PF im Rahmen der Kampagne „Rechte Pläne durchkreuzen – Solidarität ist die stärkste Waffe“ zum Beispiel mehrere Kundgebungen und Infoveranstaltungen. Ziel sei es, „[d]ie AfD und andere rechte Parteien [zu] entlarven […] und linke Alternativen sichtbar [zu] machen.“ Hierfür gelte: „Wir müssen endlich die Systemfrage stellen!“ 

Kampagnenlogo des OAT PF
Logo der Kampagne „Rechte Pläne durchkreuzen – Solidarität ist die stärkste Waffe“, die eigens zum Bundestagswahlkampf vom „Offenen Antifaschistischen Treffen Pforzheim“ (OAT PF) gegründet wurde.

In Mannheim verbreitete das „Offene Antifaschistische Treffen Mannheim“ (OAT MA) die Aufforderung „TU WAS!“. Diese fand sich auch bei einer ganzen Reihe von Veranstaltungen im Rahmen der gleichnamigen Kampagne wieder. Die dazugehörige Auftaktveranstaltung war ein „Wahlkampf-Aktionstraining“, dessen Fokus laut Instagram-Ankündigung vom 10. Januar 2025 „auf dem Blockieren von Infoständen“ lag. 

Das „Offene Treffen gegen Faschismus und Rassismus für Tübingen & Region“ (OTFR) hatte unter dem Motto „Gegen die Politik der Rechten und Reichen“ unter anderem Infomaterial in Form von Flyern und Plakaten drucken lassen und bei verschiedenen Anlässen verteilt. Außerdem trat die Gruppe offensiv AfD-Auftritten entgegen, etwa durch das Stören von Infoständen oder durch Protestversammlungen. In einem Fall rühmte sich das OTFR via Instagram damit, mitverantwortlich für die Absage einer für den 4. Februar 2025 geplanten Podiumsdiskussion gewesen zu sein. Tatsächlich war die Veranstaltung, die unter Beteiligung eines AfD-Vertreters hätte stattfinden sollen, aufgrund der angekündigten Gegenproteste gänzlich abgesagt worden. Zu diesem Umstand war auf dem OTFR-Instagram-Account zu lesen: „Antifa wirkt!“. Zu ähnlichen Vorfällen kam es auch in Stuttgart und Heidelberg. Das Ausüben öffentlichen Drucks unter der Beteiligung linksextremistischer Gruppen führte auch dort zu Absagen von Podiumsveranstaltungen. 

Neben dem Stören von AfD-Wahlkampfständen ist auch das Beschädigen und Zerstören von AfD-Wahlplakaten auf den Instagram-Accounts mehrerer linksextremistischer Gruppen dokumentiert. So zeigt das „Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart & Region“ (AABS) beispielsweise Fotos, die der Gruppe nach eigenen Angaben „geschickt“ worden waren und auf denen mehrere Wahlplakate anderer Parteien mit einer eigens entworfenen „Antifa“-Plakatserie überklebt sind. Darauf steht unter anderem zu lesen „Jetzt handeln! Gerechtigkeit und Veränderung wird erkämpft, nicht gewählt“ und „…deine Wahl: Antifa!“. 

Wahlplakat der Antifa
Vom AABS via Instagram am 29. Januar 2025 veröffentlichtes Foto, das ein Motiv der extra gefertigten „Antifa“-Plakatserie zeigt.

Das OAT MA zeigte auf seinem Profil ein Video über die Zerstörung von AfD-Wahlplakaten durch eine vermummte Person. Am Ende des kurzen Videoclips wird ein Aufkleber des OAT MA an einen Laternenpfahl angebracht. Nach Angaben der Gruppe wurde das Video jedoch von den Betreibern der Plattform gelöscht und der Account „verwarnt“. Dem Video war im Rahmen der Wahlkampfkampagne „TU WAS!“ die Aufforderung vorausgegangen, „rechte Sticker und Plakate“ zu beseitigen. Auch das OAT PF veröffentlichte am 16. Februar 2025 auf seinem Instagram-Account ein Video über die Zerstörung von AfD-Wahlplakaten, das die Gruppe als „anonyme Zusendung“ erhalten habe. Ebenso dokumentierten das „Offene Antifaschistische Treffen Rems-Murr“ (OAT RM) und die „Antifaschistische Vernetzung Ludwigsburg“ (AVLB) via Instagram am 8. Februar 2025 das Zerstören von AfD-Wahlkampfplakaten.

Bewertung

Erwartungsgemäß traten gewaltorientierte Linksextremisten im Wahlkampf vor der Bundestagswahl häufiger in Erscheinung. Dies diente ihnen dazu, eigene politische Inhalte zu platzieren und die Ablehnung des aktuellen politischen Systems stärker zum Ausdruck zu bringen. Durch die Pläne zur Verschärfung der Asyl- und Migrationspolitik rückten in der Wahlkampfphase neben der AfD auch die Regierungsparteien sowie die CDU in den Fokus von Linksextremisten. Hier lautet der Vorwurf an die Parteien, durch ihre Politik maßgeblich für den gesellschaftlichen „Rechtsruck“ verantwortlich zu sein.

Ein entscheidender Unterschied zu vergangenen Wahlkampfphasen lag jedoch in der zu beobachtenden Intensität linksextremistischer Aktionen: Diese ging insgesamt zurück. Insbesondere bei gemeinsamen Protesten mit nichtextremistischen Akteuren war eine überwiegend friedliche Demonstrationsteilnahme festzustellen. Körperliche Angriffe auf AfD-Vertreter blieben im jüngsten Wahlkampf weitestgehend aus. Ein Grund hierfür dürfte in der deutlich verkürzten Wahlkampf- und der dadurch knapperen Planungsphase liegen. Außerdem kann das vergleichsweise defensive Verhalten linksextremistischer Gruppen als Versuch gedeutet werden, das durch die breit getragenen Proteste „gegen rechts“ neu gewonnene Anschlusspotenzial an zivilgesellschaftliche Akteure nicht gefährden zu wollen. Daneben scheint sich die Entwicklung hin zu einem organisierten, strategisch geplanten Vorgehen bei linksextremistischen Aktionen in Baden-Württemberg weiter zu verfestigen. Dies zeigt vor allem die Einbettung einer Vielzahl von Aktionen in strukturierte Kampagnen.