Islamismus

„ILMIHAL für FRAUEN“ – ein Katechismus propagiert Gewalt 


Der von einem türkischen Autorenpaar verfasste Katechismus „ILMIHAL für FRAUEN“ (ilmihal = islamisches Grundwissen) billigt nicht nur das „leichte Schlagen“ von Frauen, sondern fordert darüber hinaus die Tötung von Personen, die den Propheten oder seine Religion beleidigen. Mehrere Print- und Onlinemedien griffen die Inhalte Anfang März 2021 in ihrer Berichterstattung auf und machten sie öffentlich bekannt. Das Lehrwerk offenbart antijüdische und antiwestliche Einstellungen. Es billigt Polygamie und enthält zahlreiche limitierende Vorschriften, die für Frauen in verschiedenen Lebensbereichen und -situationen zur Anwendung kommen sollen. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat deshalb bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien eine Indizierung angeregt.

Die türkische Originalausgabe des Buches ist unter dem Titel „Izahli Kadin Ilmihali“ („Kommentierter Katechismus für Frauen“) auf dem Markt. Verfasst wurde es von der Theologin Mürside Uysal (geboren 1960 in Polatli/Ankara, verstorben im vergangenen Jahr an COVID-19) zusammen mit ihrem Ehemann Asim Uysal. Die 2011 im Uysal-Verlag Istanbul publizierte, 686 Seiten starke deutschsprachige Ausgabe wurde von Marianne Zaric übersetzt. Das Vorwort dieser Ausgabe datiert aus dem Jahr 1985; mutmaßlich entstand der gesamte Text bereits in den 1980-er Jahren. Der Vertrieb erfolgt über verschiedene Online-Versandbuchhandlungen. Bekannt wurde beispielsweise die Abwicklung über einen in Essen ansässigen Bookstore namens „Lesen ist Licht“– dessen Betreiber, ein aus der Türkei stammender Imam, ist den Sicherheitsbehörden unter anderem wegen lange zurückliegender Bezüge zur islamistischen Organisation „Kalifatsstaat“ und der Verbreitung antijüdischer Propaganda bekannt. 

Die Autorin Mürside Uysal ist vor Jahren bei Veranstaltungen der „Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs e. V.“ (IGMG) in Deutschland als Referentin aufgetreten, beispielsweise in Dortmund und Stuttgart. Dies könnte ein Hinweis auf eine potentielle Verbreitung des Buches in „Milli-Görüs“-Kreisen sein. Immerhin führte der Online-Buchclub („Kitap Kulübü“) der IGMG „Ilmihal für Frauen“ bis vor kurzem unter der Rubrik „Bücher in deutscher Sprache“ in seinem Sortiment, entfernte den Titel jedoch aufgrund der öffentlichen Kontroverse aus dem Warenangebot. Ein Blick in das Online-Bibliotheksverzeichnis der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet zeigt, dass das Buch Bestandteil der dortigen Präsenzbibliothek ist. 

Frauenfeindlich, antijüdisch, antiwestlich 

Die problematischen Inhalte des Lehrwerks wurden erstmalig am 10. und 11. März 2021 durch Berichterstattung des „Oberösterreichischen Volksblatts“ öffentlich bekannt. Die Zeitung thematisierte sowohl die im Buch geäußerte Forderung, dass eine Person, die den Propheten beleidigt habe, getötet werden müsse, und die ebenfalls dort propagierte Züchtigung von Frauen. Am 17. und 18. März 2021 wiesen außerdem zwei Schweizer Tageszeitungen auf einen albanischen Moscheeverein in Zürich hin, der das „Buch mit Mordaufruf“ verkaufe. 
Insbesondere mit Blick auf die zahlreichen – auch gewalttätigen – öffentlichen Kontroversen der vergangenen Jahre über den Umstand der „Beleidigung des Propheten“ ist daran zu erinnern, dass es in diesem Zusammenhang bereits vielfach zur Anwendung von Gewalt gekommen ist. Diese entlud sich unter anderem in der „Karikaturenkrise“ (2006), dem Attentat auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ (2015) und zuletzt der Enthauptung des französischen Lehrers Samuel Paty (2020). Das Buch birgt das Potenzial, seine Rezipienten zu Gewalttaten zu veranlassen. 

Eine feindselige Haltung weist „ILMIHAL für FRAUEN“ in mehreren Textpassagen gegenüber Juden und „dem Westen“ auf. Zudem stellt es Judentum und Christentum als „verfälscht“ hin. Es offenbart ein essentialistisches Geschlechterverständnis, das zahlreiche limitierende Vorschriften für Frauen mit sich bringt. 

Schon im Vorwort wird die antijüdische und antiwestliche Einstellung der Autoren erkennbar. Das von ihnen konstruierte Feindbild gegenüber „dem Islam“ bedient sich, wie sie behaupten, der muslimischen Frau als Mittel zum Zweck: 

„Zionisten und Imperialisten, die dem Islam feindlich gesinnt sind, haben seit jeher die Frau als Waffe benutzt, um ein Volk zu ruinieren und zu zermürben. Der heimtückische Feind, dem es nicht gelang, den Islam und die Muslime mit finanzieller Kraft und mit Waffen zu besiegen, bediente sich zu diesem Zweck der muslimischen Frau, indem er sie der sittlichen Verwahrlosung auslieferte und sie somit ihres heiligen Wertes und ihrer Würde, die ihr der Islam verliehen hatte, beraubte.“ 
(S. 12 f.) 

Die antijüdische Einstellung ergibt sich auch aus in den Text eingestreuten Legenden aus der frühislamischen Geschichte, die den Juden heimtückisches und ehrverletzendes Verhalten zuschreiben. Aus Sicht der Autoren muss man diesem durch Bekämpfung des jüdischen Volkes entgegentreten: 

„Muslimische Mädchen und Frauen müssen für ihr Kopftuch einstehen als Gegenschlag auf die Bemühungen, die islamische Frau zu entkleiden, die seitens der Juden und ihrer Gleichgesinnten bereits seit 1400 Jahren aus Abscheu gegen das Kopftuch unternommen werden (…)“ 
(S. 516 f.). 

Muslime werden als Zielscheibe planvoller Zermürbung durch jüdische und westliche Agitation hingestellt: 

„Wir müssen leider mit Bedauern feststellen, dass Medien und Fernsehen in unserem Land bei der Themenwahl keine Hemmungen und Scham kennen, wenn es um darum geht Familien und junge Menschen anzulocken, die zionistisch-imperialistischen Befehle auszuführen und ihre gemeinen Pläne in allen islamischen Ländern in Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten in vollen Zügen zu verwirklichen. Meine Geschwister, die Kreuzträger und die Feinde des Islam verfolgen folgende Ziele: die muslimische Frau, die muslimische Jugend und die muslimische Familie zu verderben und umzugestalten, aus unserer Jugend Marionetten ohne Bewusstsein und Lebenselan zu machen (…)“ 
(S. 521) 

Darüber hinaus befinden die Autoren Judentum und Christentum für korrumpiert und stellen die Staatsform der Demokratie auf eine Ebene mit politischen Ideologien: 

„Religionen werden in zwei Gruppen eingeteilt: 1) Monotheistische Religionen: a) Judentum (wurde verfälscht), b) Christentum (wurde verfälscht), c) Islam (bleibt bis zum Jüngsten Tag gültig). 2) Heidnische Religionen: […] 9. Moderne Weltanschauungen bzw. Ideologien, deren Zweck darin besteht, die Menschen der Religion Allahs völlig zu entfremden. Beispielsweise Kapitalismus, Kommunismus, Faschismus, Laizismus, Demokratie, Nationalismus usw.“ 
(S. 116) 

Auch homophobe Einstellungen werden aus dem Inhalt des Buches deutlich, so findet sich „Homosexualität“ in einer Aufzählung „großer Sünden“ neben „Unzucht“ und „Zoophilie“ (S. 191).

Problematische Geschlechterhierarchie 

Die Darstellung der Eigenschaften, Fähigkeiten und Verhaltensweisen von Mann und Frau folgt einem essentialistischen Geschlechterverständnis: 

„Die Ausprägung der Geschlechterrollen beruht hauptsächlich auf den angeborenen genetischen Differenzen zwischen Mann und Frau (…) Die geschlechtliche Identität beruht jedoch in erster Linie auf biologisch-genetischen Besonderheiten, die bereits seit der Kindheit bestehen. So haben Mädchen im Vergleich zu Jungen eine ausgeprägtere sprachliche Begabung (…)“ 
(S. 33). 

„Geistige Unterschiede zwischen Mann und Frau sind bereits in alltäglichen Situationen erkennbar. So handelt es sich beispielsweise bei den sogenannten ‚Verkehrsrasern‘ meistens um männliche Fahrer, wobei die Überzahl der ‚Falschparker‘ Frauen darstellen und die auf Grund falschen Einparkens folgenden Unfälle überwiegend von weiblichen Fahrern gebaut werden. Gerade beim Rückwärtseinparken haben Frauen enorme Schwierigkeiten, für die es eigentlich eine ganz natürliche Erklärung gibt (…)“ 
(S. 35) 

Noch eindrücklicher, was die Zuschreibung defizitärer natürlicher Anlagen beim weiblichen Geschlecht betrifft, zeigt sich das Geschlechterverständnis in folgenden Ausführungen: 

„Welche großen Entdeckungen wurden von Frauen gemacht? In wie vielen der nahezu zweihundert Länder der Erde steht eine Frau an der Staatsspitze? Wie man sieht ist der Mann für diesen Aufgabenbereich zuständig (…). Wie man sieht, sind die Aufgaben und Missionen, die Mann und Frau zu erfüllen haben, unterschiedlich. Genauso wie ihre physischen und psychischen Fähigkeiten unterschiedlich sind.“
(S. 83) 

An anderer Stelle bezieht das Buch Stellung zur Polygamie im Islam (S. 86). Die Erlaubnis zur Mehrehe, so heißt es hier, fuße auf dem Koran, Sure 4:3. Diesem Vers sei zu entnehmen, dass es sich bei der Heirat mit zwei, drei oder vier Frauen nicht um eine Pflicht oder ein Gebot, sondern lediglich um eine Erlaubnis handle, „die erteilt wurde, um der unehelichen Unzucht vorzubeugen.“ Gerechter Umgang mit den Ehefrauen, so wird weiter ausgeführt, sei dabei eine islamrechtliche Pflicht. 

In bestimmten Fällen wie bei „öffentlichen Schandtaten der Frau“ sei „leichtes Schlagen seitens des Mannes erlaubt“ (S. 51 f.). Nicht erlaubt sei es, „auf den Kopf, ins Gesicht, auf die Brust oder in den Bauch zu schlagen. Außerdem ist es verboten, eine Körperstelle zu brechen oder so hart zu schlagen, dass es in ihrer Funktion beeinträchtigt wird oder lebensgefährliche Verletzungen zu verursachen. Auf dem Körper dürfen keine Zeichen oder Spuren durch das Schlagen entstehen.“ Widerspenstigkeit der Frau wird gleichfalls als Anlass zur Züchtigung beschrieben: 

„Sollte sich eine Frau jedoch gegen ihren Mann auflehnen und es darauf anlegen, die Harmonie und den Fortbestand der Familie zu zerstören, erlaubt der Koran dem Ehemann als letzte Maßnahme, seine Frau zu züchtigen. Damit sind jedoch keinesfalls harte Schläge oder gar Verletzungen gemeint, sondern nur leichtes Schlagen als eine symbolische Handlung, die der Frau mit Nachdruck den Ernst der Lage vor Augen führen soll. Das Recht auf Züchtigung steht dem Mann zu, wenn die Frau entgegen den Willen ihres Ehemannes fremde Männer ins Haus einlädt, sich mit fremden Männern einlässt, das gemeinsame Vermögen an fremde Männer verschwendet und ihre religiösen Pflichten vernachlässigt. Das Schlagen dient in diesen Fällen als erzieherische Methode und ist bestimmten Regeln unterworfen. Es darf nur dann praktiziert werden, wenn die Frau trotz nachdrücklicher Ermahnung und darauf folgender ehelicher Verweigerung ihr Fehlverhalten nicht ändert.“
(S. 52 f.) 

Die Frau hat darüber hinaus Restriktionen in Bezug auf ihre potentielle Berufstätigkeit hinzunehmen. Diese betreffen unter anderem Bekleidungsvorschriften, das Verbot gemeinsamen Aufenthalts mit einem nicht verwandten Mann in einem Raum, das Einverständnis des Ehemannes und die Aufnahme einer nicht im Widerspruch zur Natur der Frau stehenden legitimen Beschäftigung (S. 63 ff.). Limitierende Vorschriften bestehen im Übrigen auch für jegliche Lebenssituation, in der potentiell eine physische Begegnung der Geschlechter erfolgen könnte (S. 475 ff.); das Verhüllungsgebot ist dabei ein zentrales Element (S. 479 ff.) Die Vorausahnung einer diffusen „Gefahr“, die von der Präsenz einer Frau potentiell für den Mann ausgeht, ist auch hier im Subtext wahrzunehmen; dies offenbart ein problematisches Menschenbild, das den Menschen als primär von Trieben gesteuertes Wesen ansieht: 

„Während des Unterrichts sollte ein männlicher Lehrer seine Schülerin nicht ansehen. Wenn die Möglichkeit besteht, ist es besser, den Lehrer- und Schülerraum durch einen Vorhang zu trennen (…). Aber wenn der Augenkontakt und das Gespräch über längere Zeit andauern, wie es beim Unterricht der Fall ist, ist es eher unwahrscheinlich, dass beide Seiten standhaft bleiben und keiner von beiden in Versuchung geführt wird.“
(S. 513).

Verhältnis zur Apostasie 

Im Kapitel „Umstände, die zum Abfall vom Islam führen“ (S. 176 ff.) werden zahlreiche Beispiele dafür angeführt, welche Taten oder Worte einen Gläubigen zum Abtrünnigen machen. Die Ausführungen gipfeln in der Forderung, als Sühneleistung für die Schmähung des Propheten den Betreffenden zu töten: 

„Jemand, der den Propheten Muhammad beschimpft, beleidigt oder seine Religion in irgendeiner Weise schlecht macht, muss getötet werden. Wenn er Buße tut und Reue zeigt, wird zwar seine Reue von Allah angenommen, er muss trotzdem getötet werden. Ihm darf keine Besinnungszeit verliehen werden; er muss getötet, ganz unabhängig davon, ob er seine Tat bereut und Buße tut oder nicht. – Dasselbe gilt auch für diejenigen, die Zauberei praktizieren. Auch ihre Reue wird nicht akzeptiert und sie müssen sofort getötet werden. Nur wenn sie sich selber ergeben und Reue tun, wird diese angenommen. – Jemand, der Allahs Engel beleidigt oder verachtet oder sagt, das, Asrail [der Todesengel] aus Versehen die Seele eines Menschen geholt habe, gilt als ungläubig. Wer die Engel beschimpft, muss getötet werden.“ 
(S. 177 f.). 

Legenden aus der islamischen Frühzeit wie „Safiyya bint Abdul Muttalib – erste muslimische Frau in der islamischen Geschichte, die einen Polytheisten tötete“ (S. 457 ff.), oder „Frauen, die auf dem Wege Allahs am Krieg teilnehmen“ – hier wird von Ummu Sulaima als der Trägerin eines Dolches berichtet, mit der potentiellen Absicht, „den Vielgötterern die Bäuche aufzuschlitzen“ (S. 465) – komplettieren das Bild: „ILMIHAL für FRAUEN“ propagiert das Töten von Menschen als legitimes Mittel im Einsatz gegen Andersdenkende oder Andersgläubige. 

Die Frage, wie weit dieses Lehrwerk und Bücher ähnlichen Inhalts – ohne potentielle Prüfung der Inhalte im Vorfeld – in den Bibliotheken von Moscheevereinen, durch islamische Verlagshäuser, bei Buchmessen oder online verbreitet werden, liegt auf der Hand. Desgleichen stellt sich die Frage, bei welchen islamischen Organisationen bzw. Moscheevereinen sich explizit dieser Titel im Umlauf befindet oder sogar bei deren Frauenverbänden zu Schulungszwecken genutzt wird. 
Die deutsche Ausgabe von „ILMIHAL für FRAUEN“ ist 2010 erschienen; dies legt nahe, dass das Buch seither im deutschsprachigen Raum kursiert. Zwar haben Großunternehmen wie Amazon und Thalia das Buch aus ihrem Angebot entfernt. Dennoch ist zumindest die türkische Ausgabe bei verschiedenen, zum Teil in Deutschland ansässigen Onlinehändlern weiterhin im Sortiment.

Zahlreiche Inhalte von „ILMIHAL für FRAUEN“ sind nicht nur als ethisch und moralisch verwerflich zu werten, sondern rufen zu in Deutschland strafbaren Handlungen auf. Dies könnte entsprechend disponierte Personen zu solchen Handlungen veranlassen. Aus diesem Grund hat das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg am 23. März 2021 eine Indizierung des Buches bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) angeregt. Die Prüfung dauert derzeit an.

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