Anas FILALI OMARI, geboren 1985 im marokkanischen Fes, ist in den vergangenen Jahren zu einer bedeutenden Figur in der salafistischen Szene in Baden-Württemberg aufgestiegen. Um zu studieren war er 2004 nach Deutschland gekommen und hatte sich zunächst in Bayern angesiedelt. In Bayreuth begann er ein Studium der Germanistik und wechselte zwei Jahre später zum Fach Kulturwissenschaften mit Schwerpunkt Religion, wurde jedoch schon im Frühjahr 2007 exmatrikuliert. Seitdem war FILALI OMARI in verschiedenen Funktionen im Islamischen Zentrum Bayreuth e. V. (IZB) tätig, das als Träger der dortigen Taqwa-Moschee fungiert. So war er als Vorbeter, Arabisch- und Koranlehrer aktiv und für die Kinderbetreuung verantwortlich.
Kontakte zu Szenepersönlichkeiten
Bereits vor seinem Umzug 2015 nach Baden-Württemberg in den Raum Heilbronn war FILALI OMARI mit einschlägig bekannten Szenepersönlichkeiten des deutschen Salafismus und Islamismus bekannt. Zum Beispiel hatte er schon 2008 im Rahmen von Spendenaktionen, Gastvorträgen und Kundgebungen Kontakt zu Pierre VOGEL. Darüber hinaus gab es, neben seinem Engagement im IZB, Kontakte zu Vertretern der IGMG (Islamische Gemeinschaft Millî Görüş) und zum EZP („Einladung zum Paradies e.V.“). Beim EZP handelt es sich um einenvom deutsch-türkischen Prediger Mohamed Seyfudin CIFTCI gegründeten salafistischen Verein. CIFTCI war dort als Prediger und Vorsitzender tätig und wurde unter anderem von FILALI OMARI bei mindestens einer Freitagspredigt vertreten. 2011 löste sich das fünf Jahre zuvor gegründete EZP auf.
Rat in Glaubensfragen suchte sich FILALI OMARI bei dem 2010 gegründeten „Hohen Rat der Gelehrten und Imame in Deutschland e. V.“ (HRGID). Dabei handelte es sich um einen Verein salafistischer Gruppierungen, der als Dachverband den Anspruch hatte, sowohl Imame in Deutschland auszubilden als auch als Fatwa-Institution – also als Zentrum für islamische Rechtsprechung – für Muslime in Deutschland wahrgenommen zu werden. Einer der Vorstandsvorsitzenden des Vereins war der in Stuttgart ansässige Prediger Ibrahim FATHY EID. Auch der jetzt in Heidelberg zu verortende Neil BIN RADHAN, ebenfalls ein salafistischer Prediger, war dort Vorstandsmitglied und zudem FILALI OMARIs direkter Ansprechpartner. Um einem Verbot zuvorzukommen, löste sich der Verein 2015 selbst auf.
Neue Wirkungsstätte Heilbronn
Die starke salafistischen Vernetzung des HRGID und seiner damaligen Vorsitzenden BIN RADHAN und FATHY EID werden darüber hinaus durch FILALI OMARIs neuen Wirkungsort, die Bilal-Moschee Heilbronn, deutlich. Diese Moschee ist bereits seit Jahren als Treffpunkt von Salafisten und Islamisten bekannt und war auch als Vereinssitz des HRGID eingetragen. Hier fungiert FILALI OMARI seit 2016 als Imam. Die Position hat er von BIN RADHAN übernommen, blieb parallel dazu jedoch weiterhin und bis heute Vorstandsvorsitzender der Taqwa-Moschee in Bayreuth. Neben ihm ist der Prediger Emam AL-ADASS Imam in der Bilal-Moschee. Er steht der Muslimbruderschaft nahe. Die Predigten teilen sich die beiden Imame auf: AL-ADASS übernimmt in der Regel zunächst den arabischen Part und FILALI OMARI wendet sich im Anschluss auf Deutsch an die Moscheegänger.
FILALI OMARI, der als charismatischer Redner gilt, hat die Besucherzahlen der Bilal-Moschee signifikant gesteigert, so dass mitunter schon bis zu 400 Personen bei seinen Freitagspredigten anwesend waren. Durch online veröffentlichte Predigten und Unterrichtsveranstaltungen ist die Reichweite noch erheblich höher. Wie schon in Bayreuth ist FILALI OMARI auch in Heilbronn bis heute verstärkt in die islamische Kindererziehung eingebunden. Zusätzlich dazu ist er für Eheschließungen und Scheidungen nach islamischem Recht verantwortlich.
Salafistische Äußerungen in Predigten
In seinen Predigten hat FILALI OMARI sich wiederholt salafistisch geäußert. So spricht er beispielsweise davon, dass die „Scharia jeden Bereich des Lebens umfasse“, dass sie „vollständig und unveränderlich“ sei und dass es für „Allah nur Muslime und Ungläubige“ gebe. Auch vor Aussagen mit Gewaltbezug schreckt er nicht zurück. In einer seiner Predigten befürwortete er etwa das Abhacken von Händen als legitime Bestrafung. Besonders deutlich positioniert sich FILALI OMARI gegen Frauen und sprach in diesem Zusammenhang etwa davon, dass sie immer „gefügig zu sein haben“, dass sie „ohne Erlaubnis keinen Besuch empfangen dürfen“, und dass sie „vom Mann in gewissen Fällen geschlagen werden dürfen“ oder sogar geschlagen werden sollen – „als verhaltenskorrigierende Maßnahme“.
Auch zu jihadistischen Themen äußerte sich FILALI OMARI unterstützend. So sagte er etwa mit Bezug zum Syrien-Konflikt: Allah solle „die Brüder in Aleppo siegen lassen und auch die Brüder im Jemen, in Libyen und im Irak schützen“. Darüber hinaus rief er direkt zur Unterstützung des Jihad, den bewaffneten Kampf gegen die Feinde des Islam, auf – sowohl durch Beteiligung am Kampf als auch durch Finanzierung. Unter anderem diese Aussagen verdeutlichen, dass FILALI OMARIs Positionen nicht mit den Werten der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar sind und er extremistische Inhalte verbreitet.
Weg von den Predigten hin zu Medizin und Onlineshops?
Parallel zu seiner Tätigkeit als Imam verfolgte FILALI OMARI seit seinem Umzug in den Raum Heilbronn eine Ausbildung zum Heilpraktiker für Psychotherapie, die er 2019 abschloss. Eine Tätigkeit, die für ihn eine „logische Konsequenz“ seiner Erfahrungen als Imam sei und ebenfalls gute Menschenkenntnisse voraussetze, wie FILALI OMARI auf seiner Homepage schreibt. In seiner Praxis, für die er auch online wirbt, bietet er unter anderem Rugyah-Behandlungen an. Mit dieser therapieähnlichen Methode, die im Islam Tradition hat und als Teufelsaustreibung gilt, sollen zumeist psychische Erkrankungen und nicht der konservativen islamischen Norm entsprechende Verhaltensformen und Denkweisen durch das Rezitieren bestimmter Koranverse „behandelt“ werden. Die Verse werden beispielsweise über Wasser oder Olivenöl gesprochen, welches der Betroffene anschließend als vermeintliches Heilmittel trinkt.
Auf der zugehörigen Homepage spricht FILALI OMARI davon, dass sein Ruqyah-Angebot eine so hohe Nachfrage erfahre, dass er es auch digital anbieten möchte. Neben Einführungskursen und Kursen zu methodischen Aspekten der Therapie gibt er die Arbeitsschwerpunkte „Liebe“, „Magie“, „Eifersucht und Böser Blick (‘Ayn)“ an. Die Klienten können auch eine dreimonatige Flatrate buchen, in deren Rahmen ihre Fragen über Messengerdienste beantwortet werden.
Als zusätzliches Betätigungsfeld nutzt FILALI OMARI mit seiner Frau den Onlinehandel. So betreibt er selbst eine Seite, auf der er unter anderem Jogginghosen oder Shirts verkauft. Frauen können dort eine Abaya kaufen – ein islamisches Kleidungsstück, das über der regulären Kleidung getragen wird und die genauen Körperformen der Trägerin verschwinden lässt. Auf dem Werbefoto für die Abaya ist das Gesicht der vorführenden Frau unkenntlich gemacht. Es entspricht der Praxis salafistischer Veröffentlichungen, Frauen und Mädchen mit verschwommenen Gesichtern darzustellen. Sie sollen auf diese Weise vom öffentlichen Leben ferngehalten werden - vorgeblich, um sie vor männlichen Blicken zu schützen. Gleichzeitig sollen in der salafistischen Vorstellung die Frauen die Männer mit ihrem Aussehen nicht zur Unzucht (zinā) verführen.
Darüber hinaus betreibt FILALI OMARIs Frau einen Versandhandel für islamisches Kinderspielzeug. Unter den angebotenen Artikeln befinden sich, neben islamischen Kinderbüchern und Kartenspielen auch Gebetsmatten und -pläne. Insbesondere die Bücher weisen Inhalte auf, die dem salafistischen Spektrum zuzuordnen sind. So werden in zahlreichen Freundschaftsbüchern, die sich an den Propheten des Islams orientieren, Kinder nach ihrem beliebtesten islamischen Gesang traditioneller Art (Nasheed) oder ihren Wünschen für das Paradies gefragt. Auch wenn dies auf den ersten Blick nicht problematisch erscheint, spielt hier der Kontext eine wichtige Rolle. Im Salafismus sind Nasheeds die einzige erlaubte Musikform. Den Gesang begleiten keine Instrumente, da sie als nicht-islamische Neuerung (bidʿa) von Salafisten abgelehnt werden. Ähnlich verhält es sich mit der Frage nach den Jenseitswünschen. Salafisten betrachten das diesseitige Leben als unbedeutend und streben nach der Vollkommenheit im Jenseits. Weitere Elemente, wie das Märtyrertum, können sich an dieses Narrativ anschließen.
Ein Salafist im Wandel?
Offensichtlich ist Anas FILALI OMARI darum bemüht, sich mit der Ausweitung seiner Tätigkeiten ein zweites Standbein aufzubauen. Daneben ist er weiter als Imam der Heilbronner Bilal-Moschee aktiv. Ob die Inhalte und Produkte, die er und seine Frau auf ihren drei Online-Plattformen verbreiten und vertreiben, eine fortschreitende Distanzierung vom Moscheeleben bedeuten, ist fraglich. Eine gleichzeitige Abkehr vom Salafismus scheint damit jedenfalls nicht einherzugehen.
Zusammenfassend könnten die von FILALI OMARI angebotenen Gesundheitsdienstleistungen und (Spiel-)Sachen gepaart mit einer Indoktrinierung im Gotteshaus potenzielle Radikalisierungsprozesse muslimischer Klienten und Kunden zusätzlich befeuern und salafistische Einstellungen und Überzeugungen nachhaltig festigen. Mit Blick auf die Kindererziehung sogar besonders frühzeitig.