Die vielfältigen Aktivitäten der „Internationalen Organisation Völkerrecht“ (IOV) reichen von der Ablehnung des Rundfunkbeitrags über die Zurückweisung von Steuererklärungen bis hin zur Forderung nach der Aussetzung des Baus von Windparks. Die letztgenannte, im Milieu der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ eher neue Forderung, erfolgte Mitte 2024 in Form einer sogenannten „Diplomatischen Note“, deren Ablehnung („Abbruch“) laut IOV einen „Kriegszustand“ begründe.
„Diplomatische Noten“ zum Namensrecht
Zwischenzeitlich werden „Diplomatische Noten“ auch mit anderen Forderungen verknüpft: So verlangt die IOV von verschiedenen Städten und Gemeinden, die Eintragung „deutsch“ aus dem Melderegister zu entfernen und durch „staatenlos“ oder „ungeklärt“ zu ersetzen sowie Ausweisdokumente neu auszustellen. Diese sollen dann den angeblich tatsächlichen Status der Staatsangehörigkeit widerspiegeln. Unterschrieben werden entsprechende Schreiben von den selbsternannten „Vorständen“ der „Selbstverwalter“-Gruppierung, „im Namen und im Rechtauftrag des Zivilschutz als Schutzmacht“ [sic]. Bei ihren Forderungen beruft sich die IOV teilweise in pseudojuristischer Manier auch auf das Grundgesetz. Tatsächlich zeigen die Forderungen der Gruppierung jedoch, dass sie sich von der Bundesrepublik lösen möchte – Anhänger der IOV sollen im Melderegister als „heimatlose Ausländer“ geführt werden. Wie bei „Reichsbürger“- und „Selbstverwalter“-Gruppierungen üblich, dürfte der Grund hierfür sein, bundesdeutschen Gesetzen nicht mehr Folge leisten zu müssen und diese mindestens für die eigenen Mitglieder für nichtig zu erklären.
Der Anschein internationaler Bedeutung
In den Schreiben der Gruppierung werden neben einer deutschen Niederlassung auch IOV-Büros in Österreich und der Schweiz erwähnt. Bei den angegebenen Adressen handelt es sich allerdings um Coworking-Spaces, also gemeinsam genutzte Büroräume. Die Angabe ausländischer Adressen soll vermutlich die Glaubwürdigkeit der IOV erhöhen und ihr einen internationalen Anstrich verleihen. Dies erklärt auch die Verwendung des Begriffs „Diplomatische Note“ – eine Bezeichnung, die sich auf einen internationalen Austausch zwischen staatlichen Akteuren wie Botschaften und Außenministerien bezieht. Der Versuch, den Eindruck internationaler Relevanz zu erwecken, ist dem Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (LfV) bereits von anderen „Selbstverwalter“-Gruppierungen bekannt. So versuchte auch das zwischenzeitlich verbotene „Königreich Deutschland“ (KRD), internationale Beziehung aufzubauen und andere Länder von der eigenen Staatlichkeit zu überzeugen.
„IOV-Offensive“, Ausweisdokumente und Rundschreiben an die Polizei
Das LfV beobachtet neben der Zunahme des Versands von Schreiben und E-Mails durch die IOV auch einen Ausbau der Social-Media-Kanäle sowie die Etablierung von regelmäßigen Online-Veröffentlichungen (Podcasts, Info-Videos, Interviews). Diese Aktivitäten werden von der Gruppierung als Teil einer „IOV-Offensive“ vorangetrieben. Zudem sind IOV-Ausweise im Umlauf, die letztendlich für die Mitglieder der Gruppierung die offiziellen Dokumente der Bundesrepublik ersetzen sollen. Die IOV behauptet, diese Ausweise unter anderem bereits erfolgreich bei der Bundespolizei vorgezeigt zu haben. Als Beleg verweist sie auf Aussagen einzelner Gruppierungsmitglieder („Zivilisten“), die online ihre angeblichen Erfahrungen mit dem Dokument schildern.
Weiterhin werden von der IOV aktuell „Rundschreiben“ an Polizeibehörden verschickt, die Handlungsanweisungen gegenüber den eigenen Mitgliedern, den sogenannten „IOV-registrierten Zivilisten“, enthalten. Erneut verweist die Gruppierung auf die angeblich nicht geklärte Staatsangehörigkeit von Zivilisten. Aus diesem Grund seien die Ausweisdokumente der Bundesrepublik fehlerhaft, IOV-Anhänger führten daher ausschließlich die „IOV-Identitätskarte“ mit sich, die ihren „Schutzstatus nach Völkerrecht“ dokumentiere.
Hinweise für Mitarbeitende von Behörden
Das LfV empfiehlt, auf die Schreiben der IOV – insbesondere auf deren milieutypische Argumente – nicht zu reagieren. Die Gruppierung verfügt, anders als suggeriert, über keinerlei Sonderrechte. Ebenso steht sie weder in diplomatischen Beziehungen zu anderen Ländern noch befindet sie sich im Austausch mit den Sicherheitsbehörden. Entsprechende Behauptungen sind falsch; tatsächlich verschickt sie lediglich eigeninitiativ Schreiben an offizielle Stellen.
Bei der IOV handelt es sich um eine extremistische „Selbstverwalter“-Gruppierung, die – wie zahlreiche andere Anhänger des Milieus – versucht, staatliche Institutionen zu verunsichern und einzuschüchtern, um milieutypische Forderungen durchzusetzen oder rechtmäßige staatliche Maßnahmen gegen die eigenen Anhänger zu verhindern.
Hinweise zum Umgang mit „Reichsbürgern“ und „Selbstverwaltern“ bietet die Broschüre des LfV zum Thema.
Weitere Informationen zur IOV gibt es im Homepagebeitrag: Die „Internationale Organisation Völkerrecht“ (IOV) – wie „Selbstverwalter“ mit übergeordneten Rechtssystemen argumentieren.