Rechtsextremismus

Reaktionen auf das Verbot der 
französischen „Identitären“


Die französische Regierung hat am 3. März 2021 die Organisation „Génération Identitaire“ (GI) verboten. Im Vorfeld dieser Entscheidung protestierten mehrere „Identitäre“ am 20. Februar 2021 in Paris gegen die geplante Auflösung. Auch die Regionalgruppe IB Schwaben demonstrierte ihre Solidarität mit der französischen Partnerorganisation mit einer Banneraktion in Ulm. Auslöser für das Verbot war eine Aktion der GI an einem französisch-spanischen Grenzübergang in den Pyrenäen.

Am 3. März 2021 gab der französische Innenminister die Auflösung der „Génération Identitaire“ (GI) bekannt. Bereits Ende Januar dieses Jahres hatte er angekündigt, ein Verbot zu prüfen. Auslöser dafür war ihre jüngste groß angelegte Aktion in den Pyrenäen. Dort hatten Aktivisten der GI, wie bei ähnlichen Aktionen in den Vorjahren, unter dem Kampagnentitel „Defend Europe“ vorgegeben, die französische Grenze zu sichern und Flüchtlinge vom Grenzübertritt abzuhalten. [Vgl. dazu u. a. Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2018, S. 188 f.] Hierbei kamen eine Drohne, Pick-Up-Trucks, Pyrotechnik und islamfeindliche Plakate zum Einsatz. Die zuständige Staatsanwaltschaft leitete daraufhin vorläufige Ermittlungen aufgrund „öffentlichen Aufrufs zum Rassenhass“ ein.

Die französischen Behörden begründeten das Verbot unter anderem mit den paramilitärischen Strukturen der GI. Diese zeigten sich beispielsweise in der Unterhaltung eines Boxvereins. Insgesamt habe die Organisation den Charakter einer privaten Miliz. Außerdem rufe sie zu „Diskriminierung, Hass und Gewalt“ auf. Als weiteren Grund für die Auflösung führte das französische Innenministerium die Verbindung der GI zu Brenton TARRANT an, dem Attentäter von Christchurch/Neuseeland. Von ihm soll die Gruppe in der Vergangenheit Spenden erhalten haben.

Noch vor dem offiziellen Verbot versammelten sich GI-Anhänger am 20. Februar 2021 in Paris zu einer Demonstration, für die europaweit mobilisiert wurde. So thematisierten auch deutsche Telegram-Kanäle der „Identitären Bewegung“ (IB) sowohl das Verbotsverfahren als auch die Kundgebung. Presseangaben zufolge nahmen rund 1.500 Personen teil, darunter auch Rechtsextremisten aus Baden-Württemberg. Die GI berichtete auf ihrem Telegram-Kanal darüber und veröffentlichte mehrere Fotos.

Auch ein bekannter Rechtsextremist aus Baden-Württemberg beteiligte sich an der Demonstration in Paris, veröffentlichte im Anschluss ein Video dazu und berichtete im „COMPACT-Magazin“ [das Bundesamt für Verfassungsschutz führt die „COMPACT-Magazin GmbH“ als rechtsextremistischen Verdachtsfall] über die Veranstaltung. In seinem Artikel vom 22. Februar 2021 schrieb er, dass Demonstrationsteilnehmer aus Frankreich und dem europäischen Ausland gekommen seien. Ihm zufolge sei der „eigentliche Höhepunkt“ seines dortigen Aufenthalts jedoch ein „klandestines Treffen“ in einem Gewölbekeller gewesen, das die französischen Organisatoren trotz der anhaltenden Pandemielage vorbereitet hätten. Dort habe man anregende politische Gespräche führen können, unter anderem mit dem Co-Chef der österreichischen IB, Martin SELLNER.

Reaktionen in Baden-Württemberg

Am 22. Februar 2021 veröffentliche die IB-Ortsgruppe Ulm auf ihrem Telegram-Kanal Bilder einer Banneraktion. Mehrere Aktivisten zeigten ein eigens angefertigtes Banner mit dem bereits bekannten IB-Slogan „Heimatliebe ist kein Verbrechen“ und dem Zusatz „Liberté pour la Génération Identitaire“. Im Hintergrund ist auf den Fotos das Ulmer Münster zu erkennen. Noch am gleichen Tag veröffentlichte die IB Schwaben auf ihrem YouTube-Kanal ein Propagandavideo zur Aktion.

In Bezug auf das GI-Verbot behauptete die IB Schwaben am 3. März 2021 auf ihrem Telegram-Kanal, dass europaweit totalitäre Verhältnisse herrschen würden, die keine politische Opposition zuließen. Sie bezeichnete die politisch Verantwortlichen pauschal als „Globalisten“, die nationalen Interessen zuwiderhandeln würden. Zugleich verbreitete die Gruppe abermals ihr Narrativ des „Großen Austauschs“, demzufolge politische Eliten planmäßig die europäische Bevölkerung gegen Muslime austauschen. So hieß es in ihrem Posting:

„Mit dieser erneuten Repressionswelle zeigen die Globalisten wieder einmal, dass ihre Toleranzphrasen und ihre geheuchelte Illusion einer schönen neuen Welt nicht nur inhaltlich widersinnig sind, sondern nicht einmal von ihren Vertretern gelebt werden. Wir leben in Europa in einem Netz des sanften Totalitarismus, der jegliche friedliche Oppositionsarbeit kriminalisiert und mit allen verfügbaren Mitteln unterdrückt, während die Europäer langsam aber sicher ausgetauscht werden. Unsere französischen Kameraden werden rechtlich gegen den Beschluss vorgehen. Wir stehen hinter ihnen. Wir haben Europa nicht von unseren Vorfahren geerbt, um sie unseren Nachfahren als Asche zu hinterlassen.“

Bewertung

Die Reaktionen rund um das Verbot der französischen GI belegen abermals die internationale Vernetzung der verschiedenen „identitären“ Gruppierungen in Europa. So reisten IB-Anhänger aus verschiedenen europäischen Ländern zur Demonstration nach Frankreich und nahmen damit auch bewusst in Kauf, gegen Einreisebeschränkungen während der Corona-Pandemie zu verstoßen. 

In Deutschland haben in den letzten Jahren zusehends weniger Personen an den Großveranstaltungen der IB teilgenommen. Die Demonstration in Frankreich hingegen konnte mit einer vierstelligen Teilnehmerzahl eine beträchtliche Zahl an Personen mobilisieren. Ein Grund dafür dürfte die große Bedeutung des Verbots sein, die viele Anhänger und auch Sympathisanten zur Teilnahme bewegte.

Das Verbot in Frankreich ist nicht die erste staatliche Maßnahme mit dem Ziel, die Aktivitäten der IB einzuhegen. Zuletzt wurde beispielsweise in Österreich das „Lambda“-Symbol der IB verboten. Aufgelöst wurde aber bis April noch kein IB-Ableger in Europa. Das GI-Verbot dürfte daher einerseits Verunsicherung in der deutschsprachigen IB hervorrufen. Andererseits dürfte es auch die Auffassung der IB bestärken, man befinde sich in der Defensive gegen einen willkürlichen und unterdrückerischen Staat. Ob die GI versuchen wird, ihre Aktivitäten unter anderem Namen – und möglicherweise mit Unterstützung deutscher IB-Untergliederungen – fortzuführen, gilt es abzuwarten. Nicht unwahrscheinlich ist auch, dass sich einzelne GI-Aktivisten nun anderen rechtsextremistischen Gruppierungen zuwenden.

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