REICHSBÜRGER UND SELBSTVERWALTER

Der vermeintlich verlockende „Systemausstieg“ des „Königreich Deutschland“

Die „Selbstverwalter“-Gruppierung „Königreich Deutschland“ (KRD) wurde 2012 in Wittenberg (Sachsen-Anhalt) von Peter Fitzek gegründet, der sich selbst als Oberhaupt bzw. „König“ des gleichnamigen Fantasiestaates versteht. Seit seiner „Krönung“ versucht er sich im Aufbau einer Alternative zur Bundesrepublik Deutschland und unternimmt stetige Anstrengungen, sein „Staatsgebiet“ zu vergrößern: Unter anderem mit einer eigenen Verfassung, einer eigenen Bank und eigener Währung. Die Anhänger werden in den Glauben versetzt, durch einen Ausstieg aus dem bestehenden System und den Eintritt in den Fantasiestaat des „Königreich Deutschland“ rechtlichen Pflichten und persönlichen Schwierigkeiten entgehen zu können Ein durchaus riskanter Irrtum.

Das „Königreich Deutschland“ propagiert einen angeblich möglichen „Systemausstieg“ aus der Bundesrepublik Deutschland und wirbt mit falschen Versprechungen um neue Mitglieder: Nach dem Anschluss an das „Königreich Deutschland“ sollen angeblich Steuerpflichten entfallen, sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen. Die Geschäfte im KRD seien – anders als in der Bundesrepublik – steuerfrei, es würden „keine Umsatzsteuern, keine Gewerbesteuern und keine Einkommensteuern erhoben“, heißt es auf der Homepage. Wahrheitswidrig wird zudem behauptet, das KRD biete die Möglichkeit, „sich völlig legal außerhalb des BRD-Systems eine Existenzgrundlage“ aufzubauen. Für das Ziel staatlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit benötigt die Gruppierung sowohl finanzielle Mittel als auch den Zugang zu Gebrauchsgütern und Dienstleistungen, was durch Betriebe gewährleistet werden soll, die an das KRD angeschlossen sind.

Diesen Schritt sind bereits mehrere Firmen gegangen, rund zehn davon in Baden-Württemberg. Entgegen der pseudojuristischen Aussagen der Gruppierung können jedoch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, wie zum Beispiel Zwangsgelder, oder gar die Untersagung der Gewerbeausübung drohen, wenn Gewerbetreibende tatsächlich auf die Versprechen der Gruppierung hereinfallen und die verwaltungsrechtlichen Vorgaben zur Eröffnung bzw. zum Betrieb eines Gewerbes nach den Gesetzen der Bundesrepublik nicht einhalten. Hierzu zählt beispielsweise eine ordentliche Gewerbeanmeldung sowie die regelmäßige Zahlung der Gewerbesteuer. Stattdessen stellt das „Königreich Deutschland“ eigene Regeln zur Betriebsgründung auf: Neben einer Erklärung der „Staatszugehörigkeit“ zum Fantasiestaat und der Teilnahme am Online-Marktplatz „KadaRi“ („Kauf das Richtige“) ist auch der Besuch eines (kostenpflichtigen) Betriebsgründungsseminars obligatorisch. Anschließend wird mit einer „beglaubigten Betriebsanmeldung“ sowie der „Eintragung im Betriebsregister“ die Betriebsgründung oder -eingliederung abgeschlossen. Dieser Prozess zeigt beispielhaft die detailliert ausgearbeitete Verwaltungsstruktur des „Königreich Deutschland“: Mit der bürokratischen Organisation der Gruppierung werden entsprechende Strukturen eines Staatswesens imitiert.

Erhebliches finanzielles Risiko bei Einzahlungen in die „Gemeinwohlkasse“

Insbesondere das Finanzgebaren des „Königreich Deutschland“ bietet allerdings Anlass zur Sorge. Die Finanzinstitution der Gruppierung, die sogenannte „Gemeinwohlkasse“, versucht die Mitglieder von Geldeinzahlungen für Investitionen in den Fantasiestaat zu überzeugen. Der Betrieb der „Gemeinwohlkasse“ wurde unter anderem in Ulm durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bereits 2021 untersagt. Gleichwohl fordert das „Königreich Deutschland“ seine Anhänger weiterhin auf, die fiktive Währung „E-Mark“ zu nutzen, um Waren und Dienstleistungen zu bezahlen. Sowohl bei der Einzahlung von Finanzmitteln auf Konten der „Gemeinwohlkasse“ als auch beim Umtausch von Geld in die „E-Mark“ besteht ein erhebliches finanzielles Verlustrisiko, da das „Königreich Deutschland“ keine Rückzahlung garantiert. Ungeachtet dieses Risikos für die Anleger generiert die Gruppierung erhebliches Vermögen zum Immobilienerwerb und damit zur Vergrößerung des Fantasiestaates. Für das „Königreich Deutschland“ wurden zuletzt 2022 zwei größere Immobilien in Sachsen im Wert von über dreieinhalb Millionen Euro erworben.

Gewerbetreibende riskieren mit den Vorschlägen den KRD ihre Existenz

Das „Königreich Deutschland“ ruft seine Anhänger über pseudojuristische Argumente und falsche Versprechen implizit zum Bruch von Rechtsnormen auf, was Personen, die diesen Ratschlägen folgen, in letzter Konsequenz mindestens erheblichen finanziellen Schaden zufügen kann. Unternehmer riskieren gar ihre wirtschaftliche Existenz.

Mit ihrem angeblichen „Systemausstieg“ spricht die „Selbstverwalter“-Gruppierung bewusst Menschen an, die bereits in einer finanziellen Notlage sind und sich von der angeblichen Steuerfreiheit eine Entlastung versprechen. Ebenso wirbt das „Königreich“ um jene, die in Krisenzeiten in alternativen Lebensentwürfen nach Sicherheit und Orientierung suchen. Die Hinwendung zum extremistischen Milieu der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ bietet allerdings keine langfristigen, nachhaltigen Lösungen - sowohl im Hinblick auf das „Königreich Deutschland“ wie auch auf andere, ähnliche Gruppierungen.

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