Linksextremismus

Beim AfD-Parteitag: „Antifaschistische Aktion Süd“ initiiert erstmals Protestaktionen 

Vor dem Landesparteitag der „Alternative für Deutschland“ (AfD)1  am 4. März 2023 in Offenburg hat die „Antifaschistische Aktion Süd“ (Antifa Süd) erstmals die linksextremistischen Gegenproteste koordiniert und dafür überregional mobilisiert. Bei einer Protestdemonstration während des Parteitags kam es aus dem Demo-Zug heraus zu Ausschreitungen und zu Angriffen von Linksextremisten auf die eingesetzte Polizei, wobei 53 Beamte verletzt wurden. Die Antifa Süd wertet den aggressiven Verlauf der Gegendemonstration in Teilen als Erfolg und rechtfertigt die Gewalt gegen die Einsatzkräfte als „Selbstschutz“

Am 4. März fand in Offenburg im Anschluss an eine nichtextremistische friedliche Demonstration mit bis zu 1.200 Teilnehmern eine Folgedemonstration unter Beteiligung der gewaltorientierten linksextremistischen Szene statt. In deren Verlauf gab es teils massive Ausschreitungen: Bereits zu Beginn warfen Teilnehmer Farbbeutel gegen die Fassade der Versammlungshalle der AfD. Anschließend formierten sich etwa 400 überwiegend vermummte Personen zu einem Block, aus dem heraus es zu körperlichen Angriffen auf Polizeibeamte kam. Demonstranten schlugen und traten auf Polizisten ein und besprühten diese gezielt mit einem Feuerlöscher. Darüber hinaus wurde Pyrotechnik gezündet und Vermummungsmaterial sowie Kleidungsstücke in Brand gesetzt. Die Polizei reagierte mit dem Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray, um die unfriedliche Gruppe aufzuhalten. Bei den Ausschreitungen wurden 53 Polizeibeamte verletzt, 17 davon konnten ihren Dienst nicht fortsetzen. 

In der Folge schloss die Polizei den gewalttätigen Teil der Versammlungsteilnehmer von der Demonstration aus. Die Beamten nahmen die Personalien von über 400 Personen auf und sprachen mehr als 300 Platzverweise aus. Es wurden Ermittlungsverfahren unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung eingeleitet.

Demonstrationsblock und Einsatz eines Feuerlöschers gegen Polizeibeamte.

Mobilisierung mit eigener Kampagnenseite

Die Antifa Süd koordinierte die Protestaktionen über die eigens erstellte Kampagnenseite „OG23“ auf ihrer Internetplattform „antifa-info.net“. Neben Hinweisen zu Anreisemöglichkeiten fanden sich dort Mobilisierungsmaterial und entsprechende Aufrufe, unter anderem auf Französisch. Das zentrale Mobilisierungsbild der „Antifa Süd“ zeigt das Logo der „Antifaschistischen Aktion“ und das Motto „Den Widerstand nicht abreissen lassen“. Das Bild wurde auch zur Illustration von Flyern genutzt. Auf den ersten Blick lässt sich dem Bild kein Hinweis auf geplante gewalttätige Aktionen entnehmen. Dies dürfte der Strategie der Antifa Süd geschuldet sein, ein möglichst großes Personenpotenzial anzusprechen.

Ein Mobilisierungsvideo der Antifa Süd vom 19. Februar 2023 auf „antifa-info.net“ ließ dagegen eine Konfrontation mit der Polizei erwarten: Es zeigt frühere Demonstrationen gegen die AfD, bei denen mitunter Pyrotechnik eingesetzt wurde. 

Reaktionen der linksextremistischen Szene 

Am 5. März 2023 veröffentlichte die Antifa Süd auf ihrer Kampagnenseite „OG23“ eine Stellungnahme zu den aus Szenesicht teils erfolgreichen Protesten. Darin kritisierte sie das Vorgehen der Polizei und die damit verbundene „Einkesselung“ der Demonstrierenden. Darüber hinaus bediente sie das linksextremistische Narrativ von angeblicher brutaler Polizeigewalt und rechtfertigte das gewalttätige Vorgehen der Demonstrierenden als „Selbstschutz“:

„Die Polizei griff im Laufe des Tages eine antifaschistische Demonstration brutal an (…) auch die Polizei zahlte ihren Preis für das brutale Vorgehen. Einige Beamt:innen wurden durch einen, augenscheinlich zum Selbstschutz eingesetzten, Feuerlöscher außer Gefecht gesetzt“

Wenige Tage nach der Stellungnahme veröffentlichte die Antifa Süd auf der Kampagnenseite Stellungnahmen zur Demonstration und zum Polizeieinsatz beim AfD-Landesparteitag. Darin forderte sie die Beteiligten auf, sich im Bedarfsfall an die „Rote Hilfe e. V“ zu wenden. Diese Vereinigung unterstützt linksextremistische Straf- und Gewalttäter ideell und finanziell, etwa mit der Begleichung von Anwalts- oder Prozesskosten in Strafverfahren. Hierzu führte die Antifa Süd aus:

„Wenn ihr von staaltlichen Behörden Post bekommt, angequatscht oder vorgeladen werdet, verweigert die Aussage und kontaktiert die nächstgelegene Rote Hilfe-Ortsgruppe und meldet euch bei der Gruppe, mit der ihr nach Offenburg gefahren seid. Niemand wird alleine gelassen – gemeinsam gegen Nazis und Repression!“

Darüber hinaus erschienen am 7. März 2023 interne Polizeidokumente zum Einsatzgeschehen auf der linksextremistischen Internetplattform „de.indymedia.org“ und auf „antifa-info.net“. Diesen Schriftstücken sind unter anderem die Namen von eingesetzten Polizeibeamten zu entnehmen. 

Hintergrund: Die „Antifaschistische Aktion Süd“ 

Anfang 2022 gaben acht dem linksextremistischen Spektrum zugehörige Gruppierungen aus Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz ihren Zusammenschluss zur „Antifaschistischen Aktion Süd“ (Antifa Süd) bekannt. Beteiligt sind unter anderem die Antifaschistische Aktion Karlsruhe“ (AAKa), die „Antifaschistische Aktion Mannheim“ (AAM) und die „Antifaschistische Aktion Stuttgart“ (AAS). Das neue Bündnis trat im Vorfeld des AfD-Landesparteitags vom 16./17. Juli 2022 in Stuttgart erstmals öffentlich in Erscheinung. Die Antifa Süd hat sich zum Ziel gesetzt, unterschiedliche „Antifa“-Gruppierungen zusammenzuführen, um einer „Zersplitterung“ der Szene entgegenzuwirken.

In einer Gründungserklärung vom 5. Februar 2022 auf ihrer Internetseite führt die Antifa Süd aus, der Zusammenschluss solle die Schlagkraft der Gruppen erhöhen und so den auch gewaltsam geführten Kampf gegen „Faschisten“ befördern. Auch könne sich ein effektiver Kampf gegen die Gefahr von rechts „nicht an pazifistische[n] Ideale[n] oder bürgerliche[n] Gesetzbücher[n] orientieren. Dies sei „ein Umstand, den sich niemand ausgesucht“ habe, „an dem aber auch kein Weg“ vorbeiführe.

Die Antifa Süd mit ihren Ortsgruppen in Baden-Württemberg gehört zum gewaltorientierten Linksextremismus. Mit den Aktionsfeldern „Antifaschismus“ und „Antikapitalismus“ bedient sie klassische linksextremistische Themenfelder.

Seit der Gründung der Antifa Süd gewinnt ihre Internetplattform „antifa-info.net“ zunehmend an Bedeutung. Zum Nutzerkreis zählen sowohl die Mitgliedsgruppen als auch weitere linksextremistische Gruppierungen aus Baden-Württemberg und angrenzenden Ländern. 

Bewertung

Seit Jahren ist der „antifaschistische Kampf“ Schwerpunkt und zentrales Mobilisierungsthema der gewaltorientierten linksextremistischen Szene. Der Zusammenschluss mehrerer Gruppierungen zur Antifa Süd unterstreicht die anhaltende Bedeutung dieser Thematik für Linksextremisten in Baden-Württemberg. 

Beim AfD-Landesparteitag am 4. März 2023 in Offenburg ist es der Antifa Süd erstmals gelungen, in ihrem originären Aktionsfeld „Antifaschismus“ eine große Anzahl gewaltorientierter Linksextremisten zu mobilisieren. Vor allem die große Personenzahl im „antifaschistischen“ Block und das hohe Maß an Aggressivität sind außergewöhnlich – in den vergangenen Jahren war in Baden-Württemberg eher ein Rückgang der Massenmilitanz bei Demonstrationen zu beobachten. 
Der „antifaschistische Kampf“ gewaltorientierter Linksextremisten ist erfahrungsgemäß immer wieder von massiver Gewalt geprägt. Ihr Aggressionspotenzial zeigt sich nicht nur bei körperlichen Angriffen auf „Nazis“, sondern auch bei Protesten gegen „faschistische Veranstaltungen“. Die gewalttätige Konfrontation mit der Polizei als Vertreter des „staatlichen Repressionsapparats“ ist für Linksextremisten ein zunehmend akzeptiertes Mittel der Auseinandersetzung, sichert die Polizei doch aus ihrer Sicht „faschistische Veranstaltungen“ und hindert sie daran, deren Ablauf zu stören oder Teilnehmer anzugreifen. Insoweit sahen sie die Einsatzkräfte auch bei den Protesten gegen den AfD-Landesparteitag als gerechtfertigtes Ziel an, was letztlich zu 53 verletzten Polizeibeamten geführt hat. 

Die erfolgreiche Mobilisierung im süddeutschen Raum könnte dazu führen, dass der Zusammenschluss künftig eine größere Rolle in der linksextremistischen Szene spielt. Sollte die Antifa Süd ihr Fernziel verwirklichen, eine bundesweite „Antifa“ zu etablieren, könnte ihr Mobilisierungs- und Gewaltpotenzial weiter wachsen.

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1 Das Landesamt für Verfassungsschutz bearbeitet den AfD-Landesverband Baden-Württemberg als Verdachtsfall im Phänomenbereich Rechtsextremismus. [zurück]

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