Linksextremismus

„Perspektive Kommunismus“ verteidigt „antifaschistische Gewalt“ und fordert „revolutionären Aufbauprozess“


Im März 2021 veröffentlichte das linksextremistische Bündnis „Perspektive Kommunismus“ (PK) die Broschüre „Repression gegen militanten Antifaschismus – Zur Kriminalisierung von Antifas in Baden-Württemberg“. Militanz gegenüber „Faschisten“ wird darin weiterhin „in bestimmten Situationen“ als notwendig erachtet. Auffällig ist die mehrfache namentliche Erwähnung des baden-württembergischen Innenministers. Die PK wirft ihm vor, es komme ihm einzig darauf an, durch Erhöhung des Repressionsdrucks die „antifaschistische Bewegung“ zu schwächen. Ziel des Bündnisses ist es, mit den eigenen Anhängern „Gegendruck“ zu staatlichen Maßnahmen zu erzeugen. 

Zu Beginn umschreibt die Broschüre ein öffentliches Statement des Innenministers zu den Vorfällen vom 16. Mai 2020 in Stuttgart. Die PK wirft ihm vor, er habe sich auch in diesem Zusammenhang als „rechter Hardliner“ profiliert und die Geschehnisse zum Anlass genommen, der „antifaschistischen Linken den Krieg“ zu erklären. An diesem Tag hatte eine Gruppe von 20 bis 40 gewaltorientierten Linksextremisten drei Angehörige der Gewerkschaft Zentrum Automobil e. V. [kein Beobachtungsobjekt des Landesamts für Verfassungsschutz] überfallen. Bei einem Opfer bestand vorübergehend Lebensgefahr. In der Folge kam es zu Durchsuchungsmaßnahmen in Karlsruhe, Tübingen und dem Großraum Stuttgart sowie zu mehreren Festnahmen. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart geht bei einer Person von versuchtem Totschlag, bei einer zweiten von gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung und Landfriedensbruch aus.

Unter Bezugnahme auf die beiden Inhaftierten wird der gewaltsame Übergriff in der Broschüre verteidigt und gerechtfertigt: Den „militanten Interventionen rund um die sog. ‚Querdenken-Demos‘“ sei es maßgeblich zu verdanken, dass diese „an Dynamik verloren“ hätten. Teil der Argumentationskette ist auch eine derzeit in Untersuchungshaft befindliche Leipziger „Antifaschistin“, die unter anderem an mehreren Angriffen auf Angehörige der „rechten Szene“ beteiligt gewesen sein soll. Alle drei werden zu Opfern eines angeblichen staatlichen Repressionsdrucks stilisiert, denn, so die Folgerung der PK: „jede und jeder der sich nachhaltig für eine starke antifaschistische Bewegung einsetzt, kann und wird irgendwann mit Repression konfrontiert.“ An den Betroffenen sei es nun, „sich nicht kleinkriegen zu lassen“. Die „kollektive Aufgabe des Restes“ bestehe darin, „weiterzumachen; gerade im Angesicht der erwartbaren Repression“.

Zudem behaupten die Verfasser der Broschüre grundsätzlich, dass „linke Bewegungen“ die herrschende Ordnung am meisten infrage stellten. Laut ihren Ausführungen sind darunter nicht nur „wortmächtige Texte“ zu verstehen, sondern auch der „wirksame Aufbau von Gegenmacht auf der Straße“. Damit sei auch der „hohe Verfolgungswille der Polizei“ zu erklären.

Letztlich spricht sich die PK am Ende des Textes für eine „starke antifaschistische Bewegung“ aus. Sie fordert einen „revolutionären Aufbauprozess“ sowie den „endgültigen Bruch mit dem bestehenden kapitalistischen System“, das sie primär mit „Ausbeutung“ und „Repression“ assoziiert. Nach ihrer Ansicht hat es „keine lebenswerte Perspektive zu bieten“. „Der Kapitalismus“ ist für Linksextremisten eine Einheit aus demokratischem Rechtsstaat und marktwirtschaftlicher Eigentumsordnung. 

Die Broschüre wurde sowohl auf den Homepages der PK und der Mehrheit ihrer Mitgliedsgruppen als auch auf der vornehmlich von Linksextremisten genutzten Internetplattform „de.indymedia.org“ veröffentlicht [„de.indymedia.org“ wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz als linksextremistischer Verdachtsfall geführt]. Hinzu kamen weitere Bekanntmachungen, auch über soziale Netzwerke.

Hintergrund

Die im April 2014 gegründete PK bezeichnet sich selbst als „bundesweite Plattform“ und ist überregional aktiv. In Baden-Württemberg gehören ihr die beiden linksextremistischen Gruppen „Revolutionäre Aktion Stuttgart“ (RAS) und die „Linke Aktion Villingen-Schwenningen“ an. Die Plattform strebt nach einer Vernetzung gleichgesinnter linksextremistischer Akteure. „Erfahrungsaustausch, Vernetzung und Solidarität mit Bewegungen in anderen Ländern“ sieht sie als festen Bestandteil „revolutionärer Politik“ an.

Bereits im Dezember 2020 hatte die PK eine Broschüre zur „Repression im revolutionären Aufbau“ veröffentlicht. Darin schloss sie eine „revolutionäre Politik“ in der Illegalität, eine „illegale Organisierung“ und selbst „illegale Aktionsformen“ ausdrücklich nicht aus. Die Veröffentlichung vom März 2021 sieht die PK als Ergänzung zur damaligen Publikation.

Bewertung

Die Ideologie der PK und damit auch ihrer Mitgliedsgruppen basiert auf einem marxistisch-leninistischen Weltbild und ist antiimperialistisch ausgerichtet. Schon in der Vergangenheit hat sie in diversen Stellungnahmen keinen Zweifel an ihrer Bereitschaft gelassen, zur Durchsetzung eigener Ziele auch Gewalt einzusetzen. 

In ihrer Publikation vom März 2021 macht die PK zuvorderst den baden-württembergischen Innenminister als Urheber der staatlichen Strafverfolgung aus – die in einem Rechtsstaat Straftäter jeglicher Couleur und damit auch linksextremistische Täter betrifft. Sodann erläutern die Verfasser der eigenen Anhängerschaft, wie man am besten „mit der Konfrontation [des Staates] umzugehen“ habe, und ermuntern sie, „Gegendruck zu organisieren“
Tatsächlich bedeutet das zum einen, den eingeschlagenen Kurs beizubehalten und militant gegen reale oder vermeintliche Rechtsextremisten vorzugehen. Mitglieder von Zentrum Automobil e. V., aber zum Beispiel auch Teile der „Querdenken“-Bewegung sind aus PK-Sicht unverändert legitime Ziele. Zum anderen möchte man mit diesem Gegendruck auf lange Sicht eine bundesweite revolutionäre Organisation aufbauen. Damit will die PK ihrem letzten Ziel, „ denKapitalismus“ mit revolutionärer Gewalt zu stürzen und stattdessen eine „kommunistische klassenlose Gesellschaft“ zu errichten, schrittweise näherkommen.

Die deutlichen Bezüge nach Baden-Württemberg in der Veröffentlichung und hier vor allem die in der Landeshauptstadt Stuttgart aufgegriffenen Geschehnisse legen nahe, dass an der Erstellung der Broschüre maßgeblich Aktivisten der PK-Mitgliedsorganisation „Revolutionäre Aktion Stuttgart“ beteiligt waren. 


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