Reichsbürger und Selbstverwalter

BSD-Online-Schule der „Verfassunggebenden Versammlung“

Während weite Teile des „Reichsbürger-“ und „Selbstverwalter“-Milieus tendenziell eher Personen höheren Alters ansprechen, unternimmt die „Selbstverwalter“-Gruppierung „Verfassunggebende Versammlung“ immer wieder Versuche, auch jüngere Personen für ihre ideologischen Ziele zu gewinnen.

Die Gruppierung vertritt seit ihrer Gründung das Ziel, eine eigene Verfassung auszuarbeiten und zu etablieren, die dann Gültigkeit im eigens erdachten Fantasiestaat „Bundesstaat Deutschland“ entfalten soll. Aus der Sicht der „Verfassunggebenden Versammlung“ hat das Grundgesetz im Zuge der Wiedervereinigung seine Gültigkeit verloren und dementsprechend ist die Bundesrepublik seitdem eine „Firma“, die lediglich verwaltet wird.
Innerhalb der utopischen Staatsvorstellung des „Bundesstaats Deutschland“ will die Gruppierung alle Lebensbereiche organisieren und ausgestalten. Im Grunde besteht bereits eine Art parallele Verwaltung, in der „Dekrete“ erlassen, „Immunitätsnachweise gegenüber der Bundesrepublik“ ausgestellt und „Sondersitzungen des Parlaments“ abgehalten werden. Dokumentiert werden diese Aktivitäten auf zahlreichen Internetseiten, Blogs, Präsenzen in sozialen Netzwerken sowie einem eigenen (Internet)-Radio-Sender namens „ddbradio“. Die „Verfassunggebende Versammlung“ fällt nicht nur mit bekannten „Reichsbürger“- und „Selbstverwalter“-Narrativen auf, sondern verbreitet zudem antisemitisches Gedankengut, überwiegend in Form von einschlägigen Verschwörungsideologien.

Eine weitere, neue Aktionsform ist hierbei besonders bedenklich: Seit kurzem betreibt die „Verfassunggebende Versammlung“ eine weitere Internetseite unter der Adresse www.bsd-schule.com. Hierbei handelt es sich – zumindest der Idee nach – um eine digitale Lernplattform, die sie als Alternative zum regulären Schulsystem anbietet. Die Abkürzung „BSD“ steht laut Gruppierung für „Bildung Spielend Downloaden“, dürfte aber nicht zufällig auch mit der Abkürzung für „Bundesstaat Deutschland“ übereinstimmen.

Die Internetseite, die lediglich einen Teilbereich des digitalen Kosmos der „Verfassunggebenden Versammlung“ abbildet, ist bislang recht spärlich gefüllt, bietet jedoch bereits eine umfangreiche Anmeldemaske mit dem Hinweis „unverbindliche Anmeldung“. Neben den persönlichen Daten der Eltern und des Kindes sollen auch „ID-Nachweise“ (beispielhaft aufgeführt sind „Geburtsurkunde/Reisepaß/Kinderausweis“) sowie ein Foto des Kindes hochgeladen werden. 
Weiter unten auf der Seite finden sich drei Videos, in denen u. a. das staatliche Schulwesen kritisiert wird und ein Kinderchor über eine positive Zukunft singt. Die Videos scheinen aufgrund der Themen sowie einer gewissen Grundstimmung ausgewählt worden zu sein, stehen aber in keinem direkten Bezug zur „Verfassunggebenden Versammlung“. Ein drittes Video, das von YouTube eingebettet ist, thematisiert anhand verschiedener Ausschnitte aus dem Film „Das große Krabbeln“ die Unterdrückung des Volkes sowie dessen Widerstandsfähigkeit. Betitelt ist es u. a. mit „Die größte Furcht der NWO“. Die Verschwörungsideologie der NWO („New World Order“) beinhaltet das Feindbild einer elitären Gruppe, die vermeintlich die Gesellschaft in ihrem Sinne umzugestalten versucht. Diese Erzählung fügt sich gut in die Ideologie der „Verfassunggebenden Versammlung“ ein, daher verwundert es nicht, dass sie in dieser Form auf der Internetseite auftaucht.

Ein anderer Versuch der Zielgruppenerweiterung auf Kinder und Jugendliche war bereits vor einigen Jahren auf YouTube festzustellen, wo die Gruppierung ein „Jugendradio“ unterhielt. Unter anderem wurde hier das antisemitische Pamphlet „Die Protokolle der Weisen von Zion“ als echt propagiert sowie von angeblichen „Chemtrails“ und technologischer Überwachung phantasiert. Die Gesprächsrunden waren allgemein geprägt von einer positiven Bezugnahme auf Verschwörungsmythen sowie von einem grundsätzlichen Zweifel an Wissenschaft, Staat, Wahlen und Medien bis hin zur deren kategorischer Ablehnung. Zwischenzeitlich sind nur noch wenige der „Jugendradio“-Mitschnitte aus dem Jahr 2017 online.

Ein „Schul-Kooperationspartner“ soll laut der Internetseite www.bsd-schule.com „kurzfristig abgesprungen“ sein. Dennoch ist davon auszugehen, dass auch weiterhin der Versuch unternommen wird, ein Online-Schulkonzept einzuführen und auszubauen. In diesem Fall ist zu befürchten, dass die ideologischen Inhalte der „Verfassunggebenden Versammlung“ – also extremistisches Gedankengut – an Kinder, Jugendliche und deren Eltern weitergetragen werden.

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