ISLAMISMUS

Indizierung eines islamischen Katechismus für Frauen durch die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz

Die Publikation „ILMIHAL für FRAUEN – Islamisches Grundwissen für Frauen“[1], verfasst von dem Autorenpaar Asım und Mürşide UYSAL, war bereits im März 2021 Gegenstand eines Beitrags an dieser Stelle. Wegen zahlreicher inhaltlicher Passagen, die nicht nur als ethisch und moralisch verwerflich zu werten sind, sondern auch zu in Deutschland strafbaren Handlungen aufrufen und entsprechend disponierte Personen potentiell zu solchen Handlungen veranlassen können, regte das LfV am 23. März 2021 bei der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) die Indizierung des Buches an. In dem 51-seitigen Bescheid der Prüfstelle (Entscheidung Nr. 15518(V) vom 19.04.2022, bekanntgemacht im Bundesanzeiger AT 27.05.2022) wird deren einstimmige Entscheidung dargelegt, die Publikation im vereinfachten Verfahren gemäß § 23 Abs. 1 JuSchG in die Liste der jugendgefährdenden Medien aufzunehmen.

In einem vorgezogenen Fazit und noch vor der Würdigung rechtlicher Aspekte charakterisiert die Medienprüfstelle die inkriminierten wesentlichen Inhalte der Publikation wie folgt:

„Das verfahrensgegenständliche Buch vermittelt die Darstellung und Auslegung islamischer Lehren, Rechtsgrundsätze und religiöser Pflichten nebst Handlungsampfehlungen für junge Muslime aus Sicht der Autoren. Ihre Interpretation des islamischen Glaubens stützen sie auf religiöse Primärquellen wie den Koran oder die Hadithe. Im Fokus der Lektüre stehen dabei der absolute Geltungsanspruch der islamischen Rechtsgrundsätze, das Rollenverständnis von Mann und Frau sowie die Botschaft, die islamische Kultur würde in ihrem Bestand durch einen Feind, den es zu bekämpfen gelte, bedroht und zerstört. Diese Thesen ziehen sich jeweils wie ein roter Faden durch das Buch. Sie sind als Grundgedanke in vielen Ausführungen wiederzufinden und greifen teilweise ineinander über. Die Eignung zur sozial-ethischen Desorientierung von Kindern und Jugendlichen ergibt sich aus in den Interpretationen angebotenen Handreichungen bzw. Legitimationen für nicht akzeptables Gewalt-, Diskriminierungs- und Hassgebaren. Demzufolge wird eine klare Trennlinie zwischen Anhängern anderer Religionen und gläubigen Muslimen im Sinne dieses Buches gezogen.“ 

Das Entscheidungsgremium ist der Auffassung, die Art und Weise der Aufbereitung der Themen in der Publikation stehe der Entwicklung oder der Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu eingenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten diametral entgegen. Der Grad der von den transportierten Botschaften ausgehenden Jugendgefährdung sei als hoch einzustufen und überwiege schließlich in der Abwägung. 

Laut der Prüfer seien die Botschaften der Publikation dazu geeignet, „Kindern und Jugendlichen den Respekt vor Menschen anderer Religion oder Weltanschauung zu nehmen“

Verschiedene in der Publikation als erlaubt beschriebene Handlungsweisen stellten nach Ansicht der Prüfer im strafrechtlichen Sinne konkret nicht zu rechtfertigende Straftatbestände der §§ 174, 211, 212 oder 223 StBG dar. In der Schrift selbst werde dies jedoch an keiner Stelle als Problem der praktischen Umsetzung deutlich; vielmehr lese sich diese als Aufforderung an alle Muslime, die  beschriebenen Rechtsgrundsätze auch umzusetzen. Kinder und Jugendliche, die bemüht seien, nach ihrem Glauben zu leben, würden mit dem beschriebenen Primat des Islam konfrontiert und in einen grundlegenden Konflikt mit den staatichen Normen der Bundesrepublik Deutschland gedrängt. Kontinuierlich werde ihnen die postulierte gottgegebene Natur der islamischen Gesetze vorgehalten, die demnach allen anderen, insbesondere staatlichen Normen säkularer Staaten, überlegen seien. 

Die Ausführungen zur Stellung der Frau seien mit dem grundrechtlich geschützten Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Grundgesetz (GG) nicht zu vereinbaren. Auch die zum Rassenhass anreizenden Botschaften liefen nach Art und Inhalt den freiheitlichen demokratischen Grundwerten der Verfassung eklatant zuwider. Sie seien geeignet, Kindern und Jugendlichen den Respekt vor Menschen anderer Religion oder Weltanschauung zu nehmen. Die feindseligen Darstellungen von Menschen christlichen und jüdischen Glaubens und insbesondere deren wiederholte Inszenierung als Bedrohung für die muslimische Gemeinschaft stünden dem Entwicklungsziel der Gemeinschaftsfähigkeit und den hierfür erforderlichen Kompetenzen diametral entgegen. 

„Zielt auf die Missachtung der deutschen bzw. der europäischen Rechtsordnung ab“

Die Inhalte des Buches gehen nach Einschätzung der Medienprüfstelle weit über eine sachlich-neutrale Darstellung theologischer Quellen hinaus. Insbesondere werde systematisch die Frage ignoriert, wie gläubige Muslime ihren Glauben in säkularen Gesellschaften mit eigenen rechtsstaatlichen Systemen im Einklang mit diesen Gesellschaftsordnungen praktizieren könnten. Die Ausübung des islamischen Glaubens werde vielmehr im Sinne eines eigenen Gesellschaftssystems verabsolutiert. 

Die jugendschutzrelevanten Aussagen stellen nach Feststellung der Prüfstelle zentrale Aussagen der Schrift dar: Durch Themenkomplexe, die diese Aussagen rahmen, entstehe auch kein relativierender Kontext, der geeignet sein könnte, die sozialethisch-desorientierenden Aussagen abzumildern.  

Schließlich ordnet die Medienprüfstelle die Publikation in den Kontext aktueller Entwicklungen im Phänomenbereich Islamismus ein. Sie attestiert der Schrift eine Affinität zu salafistischen Islaminterpretationen im Hinblick auf die Auslegung der islamischen Primärquellen, die weitgehende Negierung der Geschichte des Islam und die Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Ihre Botschaft ziele auf die Missachtung der deutschen bzw. der europäischen Rechtsordnung ab, indem der Geltungsbereich der Scharia verabsolutiert und diese als Handlungs- und Lebensführungsempfehlung für die heutige muslimische Gesellschaft auch in europäischen Ländern präsentiert werde.

Das Buch wurde in zahlreichen Online-Shops verbreitet.

Auf die aus der inhaltlichen Drastik und dem schweren Gewicht der sozialethisch-desorientierenden Inhalte resultierende Gefahr, dass die Rezipienten der Lektüre die Durchsetzung der erörterten und idealistisch überhöhten Rechtssätze als Pflicht begreifen, weist die Prüfstelle mit Nachdruck hin. Die Tatsache, dass der Jugendschutz als Aufgabenfeld staatlicher Gefahrenabwehr durch Bücher wie das verfahrensgegenständliche in erhöhtem Maß betroffen sei und herausgefordert werde, ergebe sich nicht nur aus dem Inhalt der Schrift, sondern auch unter Beachtung des potenziellen Adressatenkreises. In Anbetracht der Altersstruktur der muslimischen Bevölkerungsgruppe in Deutschland – jeweils knapp über 20% sind unter 15 bzw. zwischen 15 und 24 Jahre alt – sei festzustellen, dass auf diesen ein besonders hoher Integrationsdruck laste. In diesem Zusammenhang sei es von besonderer Bedeutung, sozialethisch-desorientierende Inhalte einzugrenzen und von den Minderjährigen fernzuhalten, um Fehlorientierungen nicht zu befördern.

Die Tendenzschutzklausel des § 18 Abs. 3 Nr. 1 JuSchG, wonach ein Medium nicht allein wegen seines politischen, sozialen, religiösen oder weltanschaulichen Inhalts in die Liste aufgenommen werden darf, sieht die Prüfstelle vorliegend nicht verletzt. Das Buch wird nicht wegen des religiösen Inhaltes indiziert, sondern wegen sozialethisch-desorientierender Auslegungen und zum Rassenhass anreizender Aussagen, besonders im Hinblick auf die propagierte Gewalt gegenüber Frauen und das diskriminierende Frauenbild sowie im Zusammenhang mit den Themen Kinderehen und Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen.

Ein Fall von geringer Bedeutung nach § 18 Abs. 4 JuSchG lag nach Ansicht des Gremiums nicht vor. Aufgrund des Umstands, dass das Buch in zahlreichen und teils populären Online-Shops verbreitet wird bzw. wurde, sei nicht von einer nur geringen Verbreitung auszugehen. Der Text liegt darüber hinaus in deutscher Übersetzung vor. Es stehe insbesondere unter Berücksichtigung des hohen Anteils an muslimischen Jugendlichen in Deutschland zu vermuten, dass die Übersetzung mit dem Ziel erfolgte, gerade auf junge Menschen, die zwischen zwei Kulturen stehen, einzuwirken


[1] Uysal, Asım und Mürşide: Ilmihal für Frauen. Istanbul 2011

 

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