„Querdenken 721“ mobilisierte am 3. Juni 2021 überregional zu einer Demonstration in Karlsruhe, an der 800 Personen teilnahmen. An Gegenprotesten, organisiert vom „Antifaschistischen Aktionsbündnis Karlsruhe“ (AAKA), beteiligten sich ca. 350 Personen, davon bis zu 100 gewaltbereite Linksextremisten. Es kam zu Ausschreitungen, die nur durch Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray sowie durch starke Polizeipräsenz unterbunden werden konnten.
Unter dem Motto „Kein Platz für Querdenken! – Solidarität statt rechter Verschwörungsmythen!“ meldete
das linksextremistische „Antifaschistische Aktionsbündnis Karlsruhe“ (AAKA) eine Kundgebung gegen die
Demonstration der „Querdenken“-Bewegung an. Hierzu mobilisierten auch gewaltorientierte linksextremistische Gruppierungen, u.
a. das „Offene Antifaschistische Treffen“ (OAT) Karlsruhe, das OAT Landau, das OAT
Mannheim, das „Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart und Region“ (AABS) und das OAT
Villingen-Schwenningen. Auch die linksextremistische Linksjugend [’solid]“ Karlsruhe rief zur
Gegenkundgebung auf.
Ein Aufruf zu Gegenprotesten erschien auch auf dem überwiegend von Linksextremisten genutzten Medienportal „de.indymedia.org“. Unter dem Titel „Dies ist (k)ein Aufruf zur Gewalt“ wurde ein Szenario dargestellt, das sich zumindest indirekt als Gewaltbefürwortung deuten ließ:
„Überall da, wo Antisemiten, Rassisten und sonstige Leute auftauchen, die anderen drohen, (…) [oder] ein Propagandakanal für die AfD betreiben, überall da wirds Zeit zum eingreifen. Nicht nur drüber reden, handeln. Sich nichts gefallen lassen, egal wie. Auch mal mit militärischen Mitteln (…) Denen, die uns widersprechen ihre Grenze aufzeigen. Vielleicht auch mit Stöcken, oder anderen Gegenständen. Aber eigentlich mit übergeordneter Gewalt. (…) Wenn der herbeigesehnte Bürgerkrieg auf einmal eintritt, Karlsruhe im Chaos versinkt und Feuer und Flamme sich bahn brechen. Wenn die Mollies fliegen und die Schlagstöcke rotieren. Pfeffer in der Luft und Blut im Geruch liegt.“
Der Aufruf mit den Worten „Wer weiß was an Fronleichnam passiert. (…) Das ist (k)ein Aufruf zur Gewalt, aber eine Möglichkeit wie es aussehen könnte, wenn doch.“
Bereits bei der Anreise zur Versammlung kam es zu Zwischenfällen, Demonstranten beider Lager trafen aufeinander. Auseinandersetzungen konnte die Polizei jedoch verhindern. In der Folge blockierten Linksextremisten die Straßenbahnhaltestelle „Europahalle“, so dass die Haltestelle zeitweise nicht angefahren werden konnte. Hier musste die Polizei Pfefferspray einsetzen. Das OAT Karlsruhe teilte auf seiner Homepage mit, man habe den Haupteingang zur Anlage, auf der die Demonstration stattfand, über eine Stunde lang blockiert.
Im weiteren Verlauf der Gegenkundgebung versuchte ein Teil der Protestierenden plötzlich, die Polizeikette zu durchbrechen, um zu
den Demonstranten der „Querdenken“-Bewegung zu gelangen. Nur der Einsatz von Schlagstöcken und einer Reiterstaffel konnten
eine Auseinandersetzung verhindern.
Die Teilnehmer der Gegenkundgebung wurden daraufhin aufgefordert, einen Abstand von 100 Metern einzuhalten. Dieser Aufforderung kam ein
großer Teil von ihnen nicht nach, weshalb schließlich ca. 150 Personen eingekesselt wurden. Bei den Gegendemonstranten wurden
teils Vermummungsmaterial, pyrotechnische Gegenstände sowie Pfefferspray festgestellt. Nach der Einkesselung zog man mit einem
Demonstrationszug durch das Wohngebiet Richtung Hauptbahnhof, wo u. a. auch Pyrotechnik entzündet wurde.
Das OAT Karlsruhe beklagte auf seiner ein übermäßiges Polizeiaufgebot sowie den Einsatz von
„Schlagstöcken, Pfefferspray, Faustschlägen und Peitschenhieben mit der Reitgerte“. Einige
Kundgebungsteilnehmer seien „teils schwer verletzt [worden] und mussten im Nachgang mit Fußverletzungen,
Schädelprellungen und Gehirnerschütterungen im Krankenhaus behandelt werden.“ Dies mache deutlich, dass die Polizei
als staatliche Institution „mit allen Mitteln“ versuche, die „reaktionäre Bewegung zu
schützen“.
„Trotz dieses Ausmaßes an Repression“ habe man die „rechtsoffene Veranstaltung zumindest zeitweise
stören“ können. Man werde auch weiterhin „aktiv gegen rechte Versammlungen und Veranstaltungen sein. In der
voranschreitenden Krise und der zunehmenden staatlichen Repression braucht es nicht weniger, sondern mehr Antifaschismus!“
Bewertung
Die Karlsruher Gegendemonstration war Teil der überregionalen Kampagne „Antifascist Action! – Gegen
rechte Krisenlösungen“. Diese wurde Anfang Februar 2021 von der gewaltorientierten Szene in Baden-Württemberg initiiert und
dient der Vernetzung von gewaltorientierten linksextremistischen Gruppierungen im Aktionsfeld „Antifaschismus“. Szeneintern ist
die Gegendemonstration dem Aktionsfeld „Antifaschismus“ zuzuordnen. Linksextremisten verstehen sich per se immer auch als
Antifaschisten, da sich der „antifaschistische Kampf“ nicht nur gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten
richtet, sondern auch gegen „den Kapitalismus“, den sie als Ursache des „Faschismus“ ansehen.
Nach linksextremistischem Selbstverständnis verfolgt ein konsequenter „Antifaschismus“ auch die Abschaffung des
Kapitalismus und der Beseitigung aller staatlichen Institutionen. Autonome sehen in diesem Zusammenhang auch militantes, gewalttätiges
Vorgehen als Ausdruck einer „Antifaschistischen Aktion“. Mit Blick auf den anstehenden Bundestagswahlkampf ist mit einer
Vielzahl von Straftaten gegen den politischen Gegner – vor allem gegen die AfD – zu rechnen.
Erläuterung:
Seit dem 9. Dezember 2020 beobachtet das Landesamt für Verfassungsschutz die führenden Akteure der Stuttgarter Initiative „Querdenken 711“ sowie ihrer baden-württembergischen Ableger. Hierzu zählt auch der Karlsruher Zweig „Querdenken 721“. An der Demonstration wirkten verschiedene Vertreter von Ablegern aus dem gesamten Bundesgebiet mit.